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Unsterblichkeit des Hirns – der Traum vom mentalen Backup

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21.03.2018

Mal wieder was aus der Kategorie Science-Fiction: Das Startup Nectome arbeitet derzeit daran, das menschliche Gehirn zu präservieren, sodass seine Inhalte später in der Cloud weiterleben können. Diese Idee hat in den USA eine Menge an Forschungsgeldern von der Regierung eingetrieben.

Ob das Ganze funktioniert, ist sehr fraglich. Fraglich ist auch, ob das Startup das Vorhaben je umsetzen kann.

Tödliche Konservierungsprozedur

Um das Hirn genau konservieren zu können, muss es frisch sein – die Prozedur muss noch vor dem Tod beginnen. Gehirne bereits Verstorbener können nicht mehr konserviert werden, allerdings ist die Prozedur selbst tödlich. Der Person werden Einbalsamierungschemikalien durch die Halsschlagader injiziert, was immerhin unter Vollnarkose passiert.

Aus diesem Grund ist das Vorgehen für die Gründer vor allem bei todkranken Patienten interessant. Sie argumentieren mit dem vor zwei Jahren in Kalifornien verabschiedeten Gesetz der „End-of-Life-Option“, dem ärztlich unterstützten Suizid. Obwohl Nectome diesbezüglich Anwälte beauftragt hat, ist unklar, ob die Prozedur rechtlich jemals durchzusetzen ist.

Reaktionen aus verschiedenen Lagern

Aber es gibt auch noch andere Kritik. Neurowissenschaftler wie der in Kanada ansässige Forscher Michael Hendricks halten das Modell für Abzocke, da man nur aufgrund von neuronaler Verbindungen keine Persönlichkeit wiederherstellen oder deren Backup erstellen kann. Berühmte Unterstützung bekommt Nectome allerdings unter anderem aus dem Silicon Valley – der Unternehmer Sam Altman hat 10.000 Dollar gezahlt, damit sein Hirn mal in der Cloud landet. Und auf der Warteliste ist er nicht allein: Angeblich interessieren sich 24 weitere Personen für die Unsterblichkeit ihres Hirns.

Der Kolumnist Felix Schwenzel hält das Konzept von Nectome ebenfalls für nicht umsetzbar. In einer Rückschau durch die menschliche Geschichte seit dem Ackerbau stellt er heraus, dass Menschen sich den eigenen Körper immer angelehnt an den jeweils herrschenden technischen Fortschritt vorstellen. Heutzutage ist das Hirn für Tech-Startupper daher halt ein Computer – für Felix Schwenzel allerdings nicht. „Das Gehirn speichert Informationen und Erlebtes nicht wie eine Festplatte“, schreibt er. Dennoch spricht er der Hirnkonservierung einen Erkenntnisgewinn für die Forschung zu, „denn der Wissenschaft helfen auch gut ausgeleuchtete und erforschte Holzwege.“ (tl)