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Säuglingsfürsorge dank Smartphone: Irrsinn 2.0

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20.09.2019

Die Digitalisierung bringt auch absurde Blüten mit sich. Das ist zwar nichts Neues, wird aber wahrscheinlich in kaum einem menschlichen Lebensbereich so deutlich wie beim Nachwuchs. Siebenjährige mit Smartphones waren gestern, heute kann man das Kinderzimmer und das neugeborene Baby mit Technik zupinnen und rund um die Uhr überwachen.

Kinderzimmerwände, Söckchen und sogar Windeln: Den Herstellern ist keine Stelle zu blöd, um dort Sensoren zur Überwachung anzubringen.

in diaper crawling on white floor

Gegen Vergesslichkeit und Abgestumpftheit

Eltern sorgen sich um den Nachwuchs und würden nichts unversucht lassen, um ihn zu schützen. Mit der heutigen Technologie geht das einfacher als jemals zuvor. Das freut vor allem auch Technikfirmen und Anbieter von Babyartikeln. Nahezu alles lässt sich mit dem Smartphone verknüpfen – Gott sei Dank! Vorbei die Zeiten, als man ständig sein Kind im Auto vergaß. Dank smartem Kindersitz gibt es nun Benachrichtigungen auf das elterliche Smartphone, wenn man das Kind beim Aussteigen dort vergessen hat. Bezeichnend ist, dass die Hersteller den Eltern zutrauen, ihr Kind zu vergessen, nicht aber ihr Smartphone.

Unterhaltungsfaktor hat auch das Thema „smarte Windel“. Pampers will als eine der ersten Firmen Windeln auf den Markt bringen, die den Füllstand anzeigen und nebenbei noch Bewegung, Schlaf und Unterbewusstsein tracken. Geeignet für alle, deren Riechorgan durch das moderne Leben schon zu abgestumpft ist, um eine volle Windel von selbst zu bemerken. Wie soll man sich das überhaupt genau vorstellen? Wird es eine Balkenanzeige mit Farbskalierung in der Smartphone-App geben? Man darf gespannt sein. Hauptsache, der Umsatz ist bei Pampers im grünen Bereich.

Das Upgrade des Babyphones

Wem das zu weit geht, der kann auch einfach nur das Kinderzimmer in einen kameraüberwachten Bereich verwandeln. Zu diesem Zweck gibt es Kameras in lustigen Tierformen, die wahlweise an Decken, Wände und Möbel gepappt werden können, natürlich auch noch mit dem Babyphone (und laut Pampers auch der Windel – kein Scherz) verbunden sind.

Während man andächtig dem Nachwuchs auf dem Bildschirm zusieht, kann man aus der Ferne dank Zwei-Wege-Mikrofon auch noch Schlaflieder singen. Elektro-Smog? Ach wo. Der ist minimal, vor allem, wenn man daran denkt, den Eco-Modus einzuschalten. Dann gibt es nämlich nur Strahlenbelastung, wenn das Kind wach ist.

 

Kinderärzte warnen davor, dass diese Innovationen Gefahren vermuten lassen, wo keine sind. Nicht nur für Helikopter-Eltern gilt aber mit Sicherheit ganz ironiefrei: What a time to be alive! (tl)