DSD-Blog

Nach Jahrtausenden: antike Keilschrift wieder lesbar dank KI?

Beitrag von

23.08.2019

Antike Schriften entschlüsseln – das ist für einige Forscher ein Herzensprojekt. Unzählige Textfragmente und fehlende Sprachregeln machen das Ganze teils aber zu einem Akt mühevoller Kleinarbeit, mit dem man pro Text mindestens ein ganzes Leben beschäftigt ist. KI soll das Entziffern von Keilschrift beschleunigen.

Eines der Projekte, die an die Entwicklung eines entsprechenden Algorithmus gekoppelt sind, wird derzeit an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität durchgeführt.

Texte zusammensetzen: eine Lebensaufgabe

33.000 Tonscherben sind es, die zusammengesetzt antike Texte aus Mesopotamien in sich verewigt haben. Die eingeritzte Keilschrift bietet gleich eine zweifache Herausforderung: Zum einen müssen die Tonscherben richtig zusammengesetzt, zum anderen muss der Text, dem keine Rechtschreibregeln zugrunde liegen, entschlüsselt werden.

Das würde bei dieser Anzahl von Tonscherben zirka 90 Jahre dauern und mehrere Generationen von Wissenschaftlern erfordern. Enrique Jiménez, Initiator des Projekts, würde den Inhalt allerdings gern noch zu Lebzeiten erfahren. Seit dem die Bibliothek im früheren Ninive, der die Tonscherben entstammen, im 7. Jahrhundert bestückt worden ist, hat kein Mensch mehr diesen Text gelesen. Der erste nach Jahrtausenden sein zu können, macht für Jiménez einen großen Teil der Faszination für seine Arbeit aus.

KI soll Keilschrift innerhalb kurzer Zeit entschlüsseln

Darum arbeitet Jiménez nicht nur an den alten Tonscherben, sondern auch an neuen Technologien, um diese zu entziffern. Zusammen mit zehn Mitarbeitern entwickelt er zu diesem Zweck derzeit sowohl eine Datenbank als auch einen Algorithmus, der am Ende die einzelnen Fragmente mit der Datenbank abgleicht und so die zusammengehörigen findet.

Dabei soll der Keilschrift-Text ebenfalls in lateinische Buchstaben übertragen werden. Auch dafür ist es erforderlich, bei der Entwicklung des Algorithmus die fehlenden Rechtschreibregeln zu berücksichtigen. Am Ende soll die KI alle in Frage kommenden Bedeutungen in Betracht ziehen.

Dies ist allerding nicht das einzige archäologische Projekt, für das die Hilfe von KI relevant sein kann. Auch viele Forscherkollegen interessieren sich dafür. Grundsätzlich könnten Funde und Schriften durch den Computer innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit systematisiert und analysiert werden. Eine Arbeit, für die Menschen ein Vielfaches der Zeit bräuchten. (tl)