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Elektronisch, elektronischer, Estland: die baltische E-Identität

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13.09.2019

Was macht eigentlich … Estland? Während man in Deutschland immer noch über die Digitalisierung diskutiert, hat das oft übersehene Land im Baltikum vor allem eines bereits erfolgreich eingeführt: die elektronische Identität. Behördengänge werden dadurch nahezu überflüssig – davon profitieren nicht nur die Bürger Estlands.

Die Esten sind begeistert von ihrem elektronischen Chipbegleiter, der ihnen Behördengänge erspart. Auch der Staat freut sich.

Behörden-Anliegen im Wohnzimmer erledigen

Eine Welt ohne Nummern ziehen, Wartezeiten und papierene Unterlagen, die ständig abgeheftet werden müssen: davon träumt wohl jeder. In Estland ist es Realität. Nervige Behördengänge wie die Wohnsitzanmeldung können dank einer elektronischen ID-Card bequem am heimischen Computer erledigt werden, oder auch von unterwegs am Smartphone.

Natürlich beschränkt sich die E-ID nicht nur auf Behörden: Auch alles rund um die Gesundheit, Versicherungen, Auto, Bank etc. kann dank der E-ID und einem PC oder Smartphone bequem verwaltet werden – an einem Ort, jederzeit einsehbar, und vor allem mit stetiger Kontrolle über die Daten. Einzig zum Heiraten, zur Scheidung oder zum Kauf von Liegenschaften muss man sich physisch zum Amt bemühen.

Datenverwaltung als Staatsangelegenheit

In Estland sind es nicht einzelne Unternehmen oder Ämter, die die Hoheit über die Datensammelei und -speicherung haben, sondern der Staat. Dieser verfügt über eine zentrale Datenbank. Bürger können jederzeit nachvollziehen, wer wann auf ihre Daten zugegriffen hat.

Missbrauch steht unter hohen Strafen, sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen. Fallen den Bürgern merkwürdige Aktivitäten in der Log-Datei auf, haben sie das Recht auf Erklärung. In Estland ist man sich sicher: Durch das E-System wird nicht der Bürger gläsern, sondern die Institutionen.

Vorteile weltweit

Neben den Esten sind es 23.000 Bürger anderer Nationen, die die E-ID des baltischen Staates nutzen. Dank des Systems kann man nämlich auch als Nicht-Este seinen Wohnsitz in das kleine Land verlegen. Das wird unter anderem von digitalen Nomaden genutzt, die dort ihr Geschäft anmelden wollen, um wirklich alles online abwickeln zu können und für Behördengänge nicht mehr beispielsweise nach Deutschland fliegen zu müssen.

Auch Bürger aus England und der Türkei machen vermehrt von dem virtuellen Geschäftssitz Gebrauch, um nicht den Anschluss zum EU-Binnenmarkt zu verlieren. Und: Wer sein Business in Estland gemeldet hat, zahlt dort 20 Prozent Steuern. Dadurch hat sich die seit 2014 bestehende E-ID für die Esten längst ausgezahlt. (tl)