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Digitale Müllabfuhr – Internetreinigung auf den Philippinen

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05.05.2016

Jemand muss es ja tun: Auf den Philippinen werden im Auftrag von Facebook, Tinder & Co. aufrührende Bilder gelöscht. Bilder von Enthauptungen, Vergewaltigungen und weiteren Abartigkeiten. Und das nicht etwa von einer Software sondern von richtigen Menschen – zu einem für Ortsverhältnisse guten Gehalt. Und einem hohen Preis.

Theaterregisseur Moritz Riesewieck ist nach Manila gereist, um die Arbeitsumstände der sogenannten Content-Moderators vor Ort zu recherchieren. Interviews mit den Content-Reinigern waren schwierig – laut Vertrag dürfen sie nicht einmal untereinander über die Arbeit reden.

Der ideale Standort

Für die Standortwahl gibt es diverse Gründe. Natürlich ist es besonders billig, das Internet an einem Ort wie den Philippinen von visuellem Unrat säubern zu lassen. Hinzu kommt, dass die Philippiner durch die spanische Kolonialherrschaft über ein katholisches Wertesystem verfügen, das den Betreibern sozialer Netzwerke und Plattformen besonders gut in den Kram passt. Darüber hinaus ist man auf den Philippinen historisch mit den USA verbunden.

Dass sich die Unternehmen beim Reinigen ihrer Inhalte nicht auf Softwares verlassen wollen, liegt an der großen Grauzone, die diese nicht erkennen. Viele Inhalte sind nur im Kontext richtig zu bewerten – etwa ob es sich tatsächlich um Pornografie oder um Kunst handelt. Und dieser Kontext ist nur von Menschen vollständig zu erfassen.

Traumata im Namen der Allgemeinheit

Damit wir also nachts ruhig schlafen können und uns selbst nicht tagtäglich verstörende Bilder und Videos ansehen müssen gibt es Menschen, die dafür bezahlt werden. Die sind nach wenigen Monaten dann zwar selbst traumatisiert, sehen in ihrer Tätigkeit aber tatsächlich eine Art Opfer für die Allgemeinheit. Wofür das katholische Wertesystem so alles gut ist.

Eigentlich müsste man bei so einem Input von Gewalt und Grausamkeiten – und seien sie nur virtuell – psychologisch betreut werden. Aber nicht alle Unternehmen lassen den Arbeitern Beistand zukommen. Und wenn, dann per lapidarer Empfehlung, Abstand zum Gesehenen aufzubauen. In so einer Situation kann man sich tatsächlich nur noch an den Schöpfer wenden – zum Glück haben die Spanier den damals importiert. (tl)