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Chilling Effect: Automatische Selbstzensur

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03.06.2016

Man könnte schon wieder mit dem unvermeidlichen Orwell winken, wie immer, wenn es heutzutage um Überwachungsthemen geht. Der Chilling Effect ist nämlich nichts Neues – spätestens seit Snowden aber aktueller denn je.

Der Begriff Chilling Effect bedeutet so viel wie „abkühlende Wirkung“ und wird in den USA seit Jahrzehnten benutzt. Er bezog sich auf unterschiedliche Phänomene. Heute meint man vor allem eines damit: die Selbstzensur der Internetnutzer.

Bewusste Themeneinschränkung

Die Idee des Internets war und ist eine freiheitliche, demokratische. Seit den Enthüllungen Snowdens über die NSA-Überwachungen im Jahr 2013 denkt manch einer aber schon zwei Mal darüber nach, welche Begriffe er googelt oder welche Texte er teilt. In den USA zensieren sich die Bürger sogar bei Telefonaten selbst. Man weiß ja nie, ob nicht doch einmal etwas gegen einen verwendet werden kann.

Hierzu gibt es unterschiedliche Studien. Beispielsweise werden Wikipedia-Artikel zum Thema Terrorismus seit Snowden weniger häufig gelesen, wie Forscher an der Universität Toronto herausfanden. Demnach informieren sich Bürger aufgrund der NSA-Affäre nicht mehr so umfangreich über brisante Themen. Auch jetzt, drei Jahre später, erreichen die betroffenen Seiten nicht mehr die vorherigen Aufrufzahlen.

Studien zeichnen ein deutliches Bild

Das bezieht sich natürlich auch auf die generellen Suchanfragen bei Google. Bei einer norwegische Datenschutzstudie gaben 46 Prozent der Befragten an, sich ihrer Aktivitäten im Netz nicht mehr sicher zu sein. 16 Prozent schränken bewusst ihre Suchanfragen ein. Weitere Studien zeigen Bemühungen, die eigenen Spuren im Netz zu löschen und auch Schriftsteller und Informanten schränken sich ein.

Es gibt zwar immer noch die, die behaupten, nichts zu verbergen zu haben und denen es angeblich egal wäre, wenn ihre Privatnachrichten durchforstet würden. Dennoch verbreitet sich der Chilling Effect zwar schleichend, aber deutlich und schränkt die Öffentlichkeit sowie deren Informationsgrad ein. (tl)