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Chatkontrolle der EU – Technik gegen Kindesmissbrauch

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13.05.2022

Die EU-Kommission hat am Mittwoch in Brüssel ihre Pläne zur Chatkontrolle vorgelegt. Diese zielen vor allem auf die Bekämpfung von Kindesmissbrauch ab, Datenschützer sind allerdings alarmiert. Denn sie sehen in den geplanten Maßnahmen die Aushebelung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Die EU-Kommission vergleicht die Chatkontrolle mit den bereits gängigen Maßnahmen gegen Viren und Spam.

Messenger-Dienste sollen zur Kooperation verpflichtet werden

Der Vorschlag zur Chatkontrolle sieht vor, dass alle Messenger-Anbieter und -provider eine Technik implementieren, die zum einen bereits bekanntes Material zu Kindesmissbrauch und zum anderen neue Inhalte sowie Grooming detektiert. Die Anbieter sollen verpflichtet werden, derartiges Material beziehungsweise Inhalte aufzudecken und zu melden, gleichzeitig soll die Privatsphäre aller gewahrt bleiben.

Auf alle anderen Chatinhalte hätten die Anbieter keinen Zugriff. Wie genau die technische Umsetzung aussehen soll, wird im Dokument mit Absicht offen gelassen, da die Möglichkeiten sich so schnell ändern. Begründet wurde die Filterung mit den steigenden Missbrauchszahlen der letzten Jahre.

Spezifische Inhalte und Datenschutz

Die EU-Kommissarin Ylva Johansson betonte, dass es nicht darum gehe, die gesamte Kommunikation mitzulesen, sondern nur diese entsprechenden Inhalte zu finden, wie dies auch schon bei Malware gemacht wird. Zusätzlich solle es spezifische Anforderungen an die Technik sowie eine menschliche Aufsicht geben, um dies zu gewährleisten und einen Missbrauch der Technik zu verhindern. Außerdem sollen die EU-Staaten Behörden zur Kontrolle einrichten.

Datenschützer beruhigt das allerdings nicht. Bisher können die Dienste dank der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht auf den Inhalt der Nachrichten zugreifen. Die geplante Kontrolle könne einer weiteren Überwachung allerdings Tür und Tor öffnen. Um das zu vermeiden bleibt den Diensten nur, die Inhalte vor der Verschlüsselung zu durchsuchen.

Bedenken von Politik und Organisationen

Insbesondere verschiedene SPD-Abgeordnete kritisieren das Vorhaben heftig. Abgesehen von den Befürchtungen einer Massenüberwachung glauben sie nicht daran, dass eine Technik all die Anforderungen fehlerfrei erfüllen könne. Das twitterte beispielsweise der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken.

Der Chaos Computer Club lehnt das Client-Side-Scanning vollständig ab und Bürgerrechtler forderten bereits vor einigen Monaten eine Durchsuchung des Chatmaterials bei Verdacht unter Wahrung der Verschlüsselung. Zu dieser Option äußert sich der Vorschlag der EU-Kommission allerdings nicht. (tl)